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Hintergrund
Text zur Veröffentlichung
von S hät deheim en
Vogel xunge von Walter
Lietha
Von der Schweiz, wie sie in den alten Liedern
erklingt, ist vieles nicht mehr existent. Das Land, die Bevölkerung
hat sich geändert, Schweizer und Nichtschweizer leben heute mit-
und nebeneinander, medienbestimmt in einem multikulturellen Kulturraum,
der kaum von den Traditionen des Landes bestimmt wird. Haben wir endgültig
Abschied genommen von einer Tradition des Singens alter Lieder oder sind
wir soeben dabei sie wieder zu entdecken?
Alte Lieder aus der Schweiz bringt die anfangs Juli 2001 erschienene CD S
hät deheim en Vogel xunge, dargeboten von illustren schweizer MusikerInnen.
Alle Beteiligten haben sich in ihrer eigenen bisherigen musikalischen Tätigkeit
mit der alpinen Musiktradition eingelassen, auf der langen Suche nach den eigenen
Wurzeln notabene. Die neue fruchtbare Liederkultur der letzten dreissig Jahre
hat in der Deutschschweiz, auch im Tessin erstaunlicherweise den Dialekt erhalten
und ihn in die Popmusik eingebracht, nicht aber den musikalischen Reichtum entdeckt,
der in der Musik der alten Schweiz und ihren Instrumenten verborgen liegt.
Es bleibt festzustellen, dass der Einfluss der populären Musik von Amerika
bis heute die Nachkriegszeit dominierte, so dass sich hiesige Liederkomponisten
diese notwendigerweise aneigneten, obschon sie keine traditionelle Verbindung
zu ihr besassen. Jazz, Blues, Rock sind afroamerikanischen Ursprungs und erzeugen
entsprechende Emotionen durch ihre Mythen und Tanztraditionen.
Für die Musiker von «eCHo» ist es eine Ehre der Aufgabe des
Tradierens nachzukommen um im eigenen alten Kulturgut Perlen zu fischen.
Was für Zauberklänge diesen alten Instrumenten zu entlocken sind eine
Wohltat im Zeitalter elektronischer Klangerzeugung! Nichts desto trotz ist «eCHo» nicht
der Rekonstrunktion alter Musik verpflichtet, sonder bettet sie in die zeitgenössische
Hörerfahrung ein. Somit handelt es sich um Adaptionen für die Gegenwart.
Natürlich wirkt das Singen von "Heimatliedern" in der Gegenwart
anachronistisch oder gar provozierend. Subtil schält «eCHo» die
Lieder aus uniformen Klamotten und beabsichtigt einen Diskurs über die tabuisierten
Begriffe in diesem Zusammenhang. Diese Musik gehört dem Volk und sollte
nicht in ideologischer musealer Tracht nazionalistischen Ideologien zudienen
müssen. Im Gegenteil soll ein Dornröschen durch einen edlen Ritter
nach langem Scheintod erweckt werden. Es ist gleichsam die Rückeroberung
der musikalischen Tradition für eine mögliche Identifikation mit der
eigenen Mythologie.
Somit ist der Umgang mit der musikalischen Tradion
nicht ganz harmlos, zumindest sind sich die Musikerinnen
von «eCHo» dieser Tatsache voll bewusst
und nehmen diese Verantwortung auch wahr, in dem sie
die Adaption sorgfältig und vielschichtig ausarbeiten.
Die Auffassung, was an der Schweizer Musik wirklich
authentisch sei, gerät selbst schon zur Ideologie.
Tatsächlich ist etwa das Jodellied keine alte,
schweizerische Tradition, es wurde eingeführt
von einem Herr namens Schmalz und erstmals 1898 in
der Schweiz gesungen. Im Gegenüberstellen verschiedener
musikalischer Stile und durch den Kontrast mit gegenwärtiger
Klangauffassung werden die Volkslieder aus dem üblichen
Schulstubenmief sozusagen auf neutralen Boden gestellt.
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